martedì 17 ottobre 2006

sono tutti ladri!

Cari amici,
 
in den vergangenen 2,5 Monaten hat sich eine Menge entwickelt und so ist es mal wieder an der Zeit, Euch über den aktuellen Stand der Dinge auf den neuesten Stand zu bringen.

Umzug

Berichtet hatte ich in der letzten Mail von dem untragbaren Zustand meiner Wohnsituation in Pisa. Ich kann Euch, die Ihr sicherlich alle mitgelitten habt, beruhigen. Ich bin umgezogen. Nicht nur in eine neue Wohnung, sondern auch gleich in eine andere Ortschaft. Mit Pisa verbindet mich jetzt nur noch das Provinzkürzel, das ich beim Angeben meiner Adresse hinter den Ortsnamen setze. Gefunden habe ich meine Zwei-Zimmer-Wohnung bereits Ende Juli durch gezieltes Stöbern auf italienischen Immobilien-Homepages.
Meine neue Wohnung ist keine alte Bruchbude mehr, sondern eine Art Reihenhaus, welches vor kurzer Zeit vollkommen erneuert und renoviert wurde. Das Haus hat je 5 Wohnungen im Erdgeschoss, welche über die zu den Wohnungen gehörenden Terrassen an der Nordseite des Hauses erreicht werden können. Die im Obergeschoss gelegenen Wohnungen sind von der höher gelegenen Straße an der Südseite des Hauses zu erreichen. Konzipiert wurde das Haus offenbar als Ferienwohnungsanlage. Neben mir bewohnen lediglich 2 oder 3 Familien ganzjährig die Wohnungen, die restlichen Eigentümer nutzen ihre Wohnungen als Wochenendhaus oder vermieten es an Touristen, die in den Sommermonaten die Toskana besuchen wollen.
Deutlichster Hinweis auf den Ferienwohnungscharakter der Anlage ist der Swimming-Pool (16m lang), der in den Sommermonaten geöffnet ist. Da ich Ende August umgezogen bin, konnte ich vom Pool noch für ungefähr 3 Wochen ausgiebig Gebrauch machen. Mittlerweile ist der Sommer aber auch in der Toskana vorbei, auch wenn man das tagsüber noch nicht so recht glauben mag. In den Abend- und den frühen Morgenstunden ist es aber schon recht frisch.

Sono tutti ladri!

Sie alle sind Diebe! Wer? Neben einigen (halbstaatlichen) Unternehmen wie der Telecom Italia, die 150€ Telefonleitungsaktivierungsgebühr für die Freischaltung einer existierenden Leitung verlangt, wie der Enel, dem Stromversorger, die für das Umschreiben des Stromvertrages auf meinen Namen 80€ verlangt, fällt mir da noch der Staat ein.
Bereits während meines Erasmusjahres hatte ich am Rande mitbekommen, wofür alles der italienische Staat Abgaben und Steuern erfunden hat. Und nun war ich an der Reihe. Meine Wohnung habe ich, im Gegensatz zu meinen bisherigen italienischen Unterkünften, ganz legal und offiziell mit Mietvertrag gemietet. Und das kostet. Das Gesetz will, dass der Mietvertrag mit 4 Steuermarken à 14,62€ versehen wird. Aus unerfindlichen Gründen war es notwendig, einen (vermutlich mit meinem Vermieter befreundeten) Finanzberater mit der Formulierung des Vertrages zu beauftragen, Vordrucke ließen sich nicht auftreiben und nur ein entsprechend gewappneter Professioneller sei in der Lage, sich mit der Formulierung und Registrierung (!) des Mietvertrages zu befassen. Dieser Service kostete weitere 80€. Und noch einmal ca. 100€ kostete dann die Registrierung des Mietvertrages beim Finanzamt. Ohne eine solche Registrierung ist ein Mietvertrag nicht gültig und daher nicht legal. Und ohne die Steuermarken kann er natürlich nicht registriert werden. Unglaublich, aber leider wahr. Die insgesamt ca. 240€ Mietvertragskosten waren je zur Hälfte von Mieter und Vermieter zu tragen. Der Mietvertrag ist dafür 1 Jahr gültig. Sollte er erneuert werden, so werden erneut Kosten fällig. Nicht mehr für die Formulierung, aber für die Registrierung. Ob dann auch wieder Steuermarken notwendig sind... keine Ahnung.
Weitere Beispiele für staatliche Abzocke sind die jährliche Kontoführungssteuer von aktuell 34,20€ (die Regierung Prodi will sie leicht absenken) oder die kostenträchtige Ummeldung von Autos, die nicht unter 400€ erledigt werden kann. Das verteuert natürlich beträchtlich den An- oder Verkauf von Gebrauchtwagen. Sollte ich jemals eine italienische Autonummer haben wollen, was ich auch aufgrund der maßlosen italienischen Autoversicherer nicht beabsichtige, dann würde mich die Zulassung meines ausländischen Fahrzeugs ab 600€ aufwärts kosten. Grund sind nicht nur die diversen Steuern und Gebühren, sondern vor allem die Finanzierung uns nutzlos erscheinender bürokratischer Abläufe. In Italien ist diese Bürokratie aus vielen Gründen ausgeufert, ein Grund sind sicher auch die italienischen Steuerzahler, denen der Staat mit unerschöpflichem Misstrauen und dementsprechend intensiver Bürokratie begegnet.
Und damit kommen wir zu den wahren ladri. Letzte Woche wurde in Italien eine Statistik veröffentlich, die das Durchschnittseinkommen verschiedener Berufsgruppen aufzeigt. In den italienischen Medien wurde sie als Steuerhinterzieherstatistik interpretiert. Ein Arbeiter in den Fiat-Werken Turins verdient mit seinem Bruttojahreseinkommen von ca. 16.000€ in etwa so viel (oder wenig...) wie die Händler, die in den piemontesischen Autohäusern seine Autos an den Mann bringen. Während der Arbeitnehmer jedoch tatsächlich dieses Einkommen hat, liegt es bei den Selbständigen mehr oder weniger bei Ihnen, was sie in der Steuererklärung angeben und was nicht. So kommt es dann auch, dass Juweliere oder Barbesitzer weniger als Grundschullehrer verdienen, die mit ihren 21000€ auch nicht gerade zu den Spitzenverdienern zählen.
Den Vogel schießen aber die Autohändler und die Schuster in Südtirol (knapp 70% deutschsprachige Bevölkerung) ab. Weniger als ihre 1.073 beziehungsweise 673€ Jahreseinkommen erzielt in ganz Italien niemand. Die Steuerhinterziehung liegt also ganz offensichtlich nicht in den italienischen Genen. Der Wirtschaftsminister hat nach Bekanntwerden der Statistik ein härteres Vorgehen gegen die evasori angekündigt. Er hat meine volle Unterstützung!

Die angehängten Bilder zeigen meine Terrasse und den Blick von dieser auf (den geschlossenen) Pool und die Landschaft meiner Umgebung.

Viele Grüße, Daniel