mercoledì 15 ottobre 2003

che cosa vuoi dire?

Cari amici,
 
nach etwas mehr als einer Woche schicke ich nun meinen ersten Erfahrungsbericht aus Genua. Nun, was soll ich sagen. Es ist sehr schön, natürlich.

Aber manchmal bleibt man auch staunend und irritiert stehen und wundert sich. Zum Beispiel darüber, dass genuesische Linienbusse genau gekennzeichnete Ein- und Ausgänge haben. Und wehe, man steigt in der Mitte des Busses ein oder hinten aus. Man erntet böse Blicke von allen Seiten, wundert sich zunächst und versteht irgendwann, dass auch Italiener pedantisch sein können. Irgendwann fragt man sich, warum in Berlin nicht an jeder Bushaltestelle das blanke Chaos ausbricht und überall Verletzte rumliegen, die sich beim ein- und aussteigen umgerannt haben. Dass die Italiener durchaus Improvisationstalent haben, beweisen die zahllosen motorini. Das sind jene verflixten kleinen Mopeds, die ständig vor, neben, hinter und irgendwann vermutlich auch unter einem (wenn man im Auto sitzt) oder über einem (wenn man Fußgänger ist) sind. Eine Erfindung, die man nie auf dieses Volk hätte loslassen sollen. Genauso wenig wie die cellulari. Es gibt unter den Italienern wohl keinen einzigen, der kein Handy hat. Überall und in jeder Situation hört man irgendwen pronto rufen. Gut, man wird auch in Deutschland ständig Zeuge von Privatgesprächen, die man lieber nicht mithören möchte, aber ich habe in Berlin noch keinen telefonierenden Busfahrer erlebt. Also jedenfalls nicht während der Fahrt.


Nun aber zu einem anderen Thema, ich muss noch mal den Ärger über die Sekretärinnen hier in der Uni rauslassen. Es fängt damit an, das man sie bei irgendwelchen Privatgesprächen stört, und das Resultat ist, dass man keine Auskunft erhält. In meinem Fall war das Problem folgendes. Um in den Sprachkurs zu kommen, musste ich erst einen Einstufungstest absolvieren. Nur wann und wo dieser stattfand, konnte mir keiner sagen. Das Auslandsamt schickte mich zur Fakultät für ausländische Literatur. Das kam mir schon merkwürdig vor. Der Pförtner meinte auch, dass das hier nicht sein könne, was immer ich suchen würde. Hier gäbe es keine Italienisch-Sprachkurse. Er schickte mich stattdessen zur nächsten Fakultät. Was das für eine war, weiß ich auch nicht mehr. Dort traf ich eine dieser Sekretärinnen. In einem sehr eleganten Kleid und wirklich gutaussehend saß sie in ihrem Büro und unterhielt sich mit irgendeiner anderen signora. Als ich dazu kam, widmete sie mir nach einer Weile auch ihre Aufmerksamkeit, um sich anzuhören, was ich für ein Problem hätte. Nun, ich begann ihr zu erklären, dass ich Erasmus-Student sei, es für diese Spezies einen Sprachkurs gäbe und irgendwann am Montag zu irgendeiner Zeit ein Einstufungstest stattfinden solle. Sie verstand auch tatsächlich, blätterte in ihren Unterlagen und sagte: ja, um 17 Uhr in Raum so und so, also in 2 Stunden. Es war aber Donnerstag. Ich meinte, das kann nicht sein, der Test ist ja erst ab dem 13.10., also Montag und die Kurse fangen erst später an, und es gibt ja auch verschiedene Kurse. Sie überlegte kurz und kam zu der Überzeugung, dass sie sich mit dem Problem nicht länger beschäftigen wollte und wechselte zu einer anderen Strategie. Auf alles, was ich nun sagte, erwiderte sie nur che cosa vuoi dire? Was auf deutsch heißt: Was willst du sagen? In meiner Unsicherheit begann ich nur noch zu stammeln: test, corso di lingua, lunedi und sie funkelte mich nur noch an und rief cosa vuoi dire? eh? Sie schickte mich weg, gab mir aber den Tipp, zu einem anderen Büro zu gehen, das gleich aufmachen würde. Natürlich konnte man mir da auch nicht helfen und schickte mich zur Italianistik. Voller Verzweiflung ging ich zurück zum Auslandsamt, wo es plötzlich einen Aushang gab, mit den von mir benötigten Informationen.

Der Test fand auch tatsächlich am Montag statt, und am Freitag werden die Ergebnisse irgendwo ausgehangen. Vielleicht wissen andere Erasmusler dann, wo das sein wird. Ich bleibe einfach gelassen und kümmere mich um andere Dinge. Zum Beispiel bin ich im Moment damit beschäftigt, eine neue Unterkunft zu suchen. Ich wohne ja bei einer signora anziana, einer älteren Frau. Die ist furchtbar nett, wirklich. Aber sie hat viele Katzen, die genaue Anzahl weiß ich nicht, und einen Hund. Das ist mir in dieser Intensität irgendwie entgangen, als ich mir das Zimmer angeguckt habe. Na jedenfalls riecht es ein bisschen in der Wohnung, auch in der Küche. Vielleicht bin ich verwöhnt und nicht anpassungsfähig genug, aber mich stört das. Zumal ich das Erasmus-Jahr genießen möchte. Es gibt auch noch einige andere Dinge, die mich etwas stören. Zum Beispiel redet diese Frau ohne Unterbrechung, erzählt mir Dinge, die mich nicht interessieren, zu mal ich höchstens ein Drittel ihrer Worte verstehe. Neulich wollte ich einkaufen gehen, sie hat angefangen, zu erklären, wie billig und toll der neue Lidl ist. Und dann fing sie an, mir lang und breit den Weg dahin zu erklären. Wirklich sehr hilfsbereit... aber es kam noch schlimmer. Ich wollte also los, da meinte sie, ich solle doch 20 Minuten warten, dann würde sie noch duschen und dann könnten wir zusammen dahin fahren. Eine schreckliche Vorstellung. Man fährt durch Genua, hochkonzentriert, um sich gegen alle anderen Verkehrsteilnehmer, vor allem die motorini, durchzusetzen und die ganze Zeit redet diese Frau. Und stellt Fragen. Wie zum Beispiel die, was man denn macht, wenn man mit dem Geschichtsstudium fertig ist. Darauf fällt mir schon auf deutsch keine Antwort ein.


Ich hab ihr dann gesagt, dass ich lieber alleine einkaufen möchte.

So, jetzt aber erst einmal genug mit der Kritik. Sie ist natürlich mit einem Augenzwinkern versehen. Nicht, dass Ihr glaubt, es gefällt mir hier nicht. Nein, ich bin wirklich zufrieden. Und wenn ich erst eine ein wenig bessere Wohnung habe, bin ich bestimmt noch glücklicher! Es gibt so viele schöne Dinge hier, die mich alles Andere vergessen lassen. Jedes Mal, wenn ich irgendwas über das Berliner Wetter erfahre, huscht ein Lächeln über mein Gesicht. Also wir pendeln hier immer so um die 20°. Nachts stürzen die Temperaturen zwar schon auf 16-17° ab, aber da muss man sich halt etwas wärmer anziehen. Regen hatte ich erstaunlicherweise auch noch nicht erlebt. Wird aber sicher noch kommen. Aber bisher ist es einfach grandios, durch die Stadt zu flanieren, hier und da einen caffè zu trinken und den Tag mit einer pizzetta zu beschließen. Macht man natürlich nicht immer. Und der Alltag kehrt auch hier langsam ein. Aber noch bin ich in so einer leichten Urlaubsstimmung. Obwohl in dieser Woche die Uni begann. Ich muss nachher auch zu einem Kurs. In meiner nächsten Mail werde ich dann wohl von den Erfahrungen mit meiner Professorin (sehr nett), den Kursen, den Erasmus-Parties und anderen Dingen berichten.


Bis dahin alles Gute

Ciao
Daniele